"Das Bauen mit Holz ist die wohl effizienteste Methode, um CO2-Emissionen zu vermeiden."
Die Baukosten und die CO2-Bilanzen bis zur Fertigstellung bei verschiedenen Bauweisen errechnete für fünf Gebäude der Architekt Holger König.
Herr König, Sie haben für fünf Holzgebäude die CO2-Bilanzen bis zu deren Fertigstellung errechnet. Was kam dabei heraus?
Die Ergebnisse waren recht unterschiedlich. Manche Holzgebäude hatten eine negative, manche eine positive CO2-Bilanz. Das heißt: Bei manchen war die Herstellung ihrer Baumaterialien, Bauprodukte und Bauteile insgesamt so energieintensiv, dass unterm Strich mehr CO2 freigesetzt wurde, als in ihrem Holz gebunden ist. Und bei manchen Gebäuden war das nicht der Fall.
Wovon hängt das ab?
Das hängt vom Verhältnis der hölzernen zu den nicht-hölzernen Bauteilen ab. Holzgebäude bestehen ja nicht ausschließlich aus Holz. Fenster bestehen immer aus Glas, Bodenplatten immer aus Stahlbeton, Treppenhäuser aus Brandschutzgründen oft aus Stahlbeton. Beim Innenausbau kommen vielfältige Materialien zum Einsatz. Und die Gebäudetechnik besteht vor allem aus Metall und aus Kunststoffen.
Sie errechneten auch, wie die CO2-Bilanz ausgesehen hätte, wenn die Gebäude in Standardbauweise errichtet worden wären. Mit welchen Ergebnissen?
Beim „schlechtesten“ Holzgebäude beträgt seine CO2-Bilanz 1/17 dessen, was bei einer Ausführung in Standardbauweisen der Fall gewesen wäre. Beim „zweitschlechtesten“ Gebäude 1/90, beim „drittschlechtesten“ 1/150. Bei den beiden „besten“ Holzgebäuden lässt sich so eine Aussage gar nicht treffen, weil das Dividieren von positiven und negativen Werten zu verwirrenden Ergebnissen führen würde.
Sie haben auch die Baukosten errechnet. Lässt sich da eine Aussage zu den CO2-Vermeidungskosten treffen?
Das ist eher schwierig, weil bei vier der fünf Gebäude die Kosten für die Holzbauweise niedriger waren als für die Standardbauweise.
Wie kann das sein? Der Holzbau gilt doch als leicht teurer.
Das ist ein Gerücht, das sich hartnäckig hält, weil sich niemand die Mühe macht, Gebäude mit verschiedenen Bauweisen durchzuplanen, die Kosten zu berechnen oder eine Ausschreibung durchzuführen. In den vergangenen Jahren hat vor allem die industriell-technische Entwicklung der Holzbaufirmen zur Senkung der Baupreise geführt. Ich habe meine Berechnungen auf der Basis der aktuellen sirAdos-Daten erstellt, also mit sehr realistischen Preisen. Bei anderen Berechnungen werden oft „Äpfel“ mit „Birnen“ verglichen: EnEV- mit Niedrigenergiestandard. Ich habe bei meinen Berechnungen den guten Energiestandard des Holzbaus auch für die Standardbauweise angesetzt.
Wie sehen die CO2-Vermeidungskosten bei dem Gebäude aus, das in Holzbauweise teurer ist?
Die liegen hier bei 69 Euro pro Tonne. Zum Vergleich: Die Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) gibt als CO2-Vermeidungskosten für die Umstellung auf Erneuerbare Energien 124 Euro pro Tonne bei Windkraft und 846 Euro pro Tonne bei Photovoltaik an. Auch wenn diese Zahlen seit Veröffentlichung der Studie gesunken sind – vor allem die für Photovoltaik –, wird klar, dass Bauen mit Holz die wohl effizienteste Methode ist, um CO2-Emissionen zu vermeiden: Für einen bestimmten Betrag erzielt man die größte CO2-Einsparung – und das sofort, nicht erst über einen langen Zeitraum wie beim Senken des Heizenergiebedarfs. Die 69 Euro pro Tonne waren ja bei meinen Berechnungen die Ausnahme. Bei den vier anderen Gebäuden war die Holzbauweise preisgünstiger als die Standardbauweise. Da kostet die CO2-Vermeidung also gar nichts, sondern wirft sogar einen Gewinn ab. Wo gibt es das sonst noch?
Warum spielen CO2-Bilanzen in der Baupraxis bisher keine Rolle?
Lebenszyklusbetrachtungen sind sehr komplex und aufwendig. Dafür braucht es Spezialisten – egal ob es um die Baukosten oder um Ökobilanzen geht. Es gilt, eine Vielzahl verschiedener Aspekte zu berücksichtigen. Normalerweise betrachten wir ja auch nicht nur die Phase bis zur Fertigstellung, sondern die gesamte Lebensdauer eines Gebäudes inklusive Abriss und Entsorgung der Baumaterialien. Da wird die Ökobilanz für Holz übrigens noch besser, weil es sich einfach recyceln oder thermisch verwerten lässt. Je weiter wir in die Zukunft blicken, desto „spekulativer“ werden unsere Aussagen aber. Wir wissen ja nicht, wie die Welt in 50 Jahren aussehen wird. Aus diesen Gründen stößt das Thema „CO2-Bilanz“ bisher auf große Widerstände und wird lieber abgeblockt und ausgeblendet. Das ist aber kurzsichtig und nicht zielführend.